Prim.Univ.-Prof.Dr. REINHOLD KERBL
Generalsekretär der ÖGKJ, Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde
Wenn Corona wieder zurückkommt und das wird aller Voraussicht nach im Herbst des heurigen Jahres wohl der Fall sein, dann wünsche ich mir sehr, dass man sich mehr an wissenschaftlicher Evidenz orientiert und wirklich nur jene Maßnahmen setzt, für die wir eine Grundlage haben. Ich habe das in meinem Medizinleben immer so praktiziert, dass ich mich an der Evidenz orientiert habe und erlebe es jetzt im Zuge der Corona-Pandemie eigentlich zum ersten Mal, dass nicht Evidenz in der Medizin den Ton angibt, sondern Politiker, die glauben zu wissen wie es geht.
Univ.-Prof.Dr. ULRIKE GUEROT
Department für Europapolitik und Demokratieforschung
Wir erleben gerade eine Skalierung von Angstsituationen einer Gesellschaft, die als solche ja schon wieder bedrohlich ist. Denn eine Gesellschaft, die Angst hat, tendiert ja dazu nicht mehr rational zu sein.
Dr.med. MARTIN SPRENGER, MPH
Arzt und Gesundheitswissenschaftler
Ich habe mir eigentlich gedacht, dass wir als Gesellschaft die Kinder besser durch diese Pandemie bringen, weil von Anfang an klar war, dass Kinder, zum Glück, direkt von diesem neuen Corona-Virus wenig betroffen sind, dass aber alle Maßnahmen die Kinder oder ihre Eltern betreffen, sich direkt auf die Gesundheit und Psyche von Kindern auswirken. Das wurde viel zu wenig erfasst, viel zu wenig ernst genommen und viel zu lange negiert.
Priv.-Doz.Dr.phil. CLAUDIA WILD
AIHTA GmbH.
Wir machen wissenschaftliche Politikberatung und wir haben immer schon gewusst, dass man zur Politik auf Distanz bleiben muss. Das heißt, mit gehöriger Distanz die Evidenz zusammenträgt und anbietet, um darauf basierend Entscheidungen zu fällen. Das hat sich aufgelöst, und aufgrund des extrem raschen Bedarfs nach Entscheidungen waren plötzlich alle Experten. Dass wir letztendlich zurückgeschritten sind in unserer Entwicklung, weg von der Evidenz hin zur Expertokratie, und dass selbst die, die wissenschaftliche Politikberatung sehr ernst genommen haben und seit Jahrzehnten auf die Evidenz pochen, plötzlich zu Experten geworden sind, die auf Tagesebene Meinungen von sich gegeben haben, statt evidenzbasierte Haltungen. Und in der Blase der Virologen und Epidemiologen aufgegangen sind, anstatt das größere Bild im Blick zu behalten.
Univ.-Prof.Dr.rer.nat. RALPH BRINKS
Lehrstuhl für Medizinische Biometrie und Epidemiologie
Wir haben schon zu Beginn der Pandemie das jahrzehntelang praktizierte Gebot über Bord geworfen, dass alle Maßnahmen sowohl hinsichtlich des Nutzens als auch hinsichtlich des Schadens gegeneinander abgewogen werden müssen. Besonders das psychische und soziale Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen wurde dabei weitgehend vernachlässigt. Das ist nicht akzeptabel.
Dr. med. MAGDALENA IWANOWYTSCH
FÄ für Kinder- und Jugendpsychiatrie
Was wir jetzt bei Jugendlichen sehen, ist ein Mischkonsum von Medikamenten, Beruhigungsmittel, entängstigenden Mitteln, in Kombination mit Schmerzmitteln und Alkohol. Eine sehr gefährliche Mischung. Eine sehr potente Mischung, um sich aus der Welt auszuklinken, um das nicht aushalten zu müssen. Diese Vereinsamung, dieses Alleingelassensein, dieses eigentlich nicht gesehen werden.
ARMIN MORBACH
Künstler und Fotograf
Was macht das mit einer kleinen Kinderpsyche, wenn sie die Gefahr sind? Was ich mir wünsche ist, dass wir aufstehen, dass wir zusammen diskutieren, egal wer du bist, egal was du bist, an was du glaubst und was du machst. Pro oder Contra Impfen egal, aber dass wir uns hinsetzen, uns in den Arm nehmen und sagen, es war eine beschissene Zeit, jetzt geht es nach vorne und lasst die Kinder Kinder sein.
Dr. SILKE SCHWARZ
Kindergarten- und Schulärztin
Wir wissen, dass Kinder Empathiegiganten sind, also sehr stark in Resonanz mit der Umwelt. Und die Umwelt ist zurzeit eben sehr durch ein Thema geprägt, und das ist Misstrauen oder Verlust von Vertrauen. Und das hat Auswirkungen auf die Psyche der Kinder.
Prof. Dr. INGO FROBÖSE
Prävention und Rehabilitation im Sport
Kinder müssen letztendlich - ob körperliche Entwicklung, geistige Entwicklung, emotionale und soziale Entwicklung - viel mehr tun was Bewegung betrifft und dementsprechend haben wir eben nicht nur eine Pandemie im Sinne von Corona sondern eine Bewegungsmangel-Pandemie. Die wird sich für die Gesellschaft jetzt nicht kurzfristig rächen, sondern das wird Kollateralschäden für die nächsten 20-30 Jahre bringen. Ich gehe davon aus, dass unser Gesundheitswesen in 10-15 Jahren deswegen kollabiert, weil wir schon viel zu früh Krankheiten in der kindlichen Entwicklung gesät haben.
Dr.med. ANDREA KNIPP-SELKE
Ärztin und Wissenschaftsjournalistin
Man muss eine Gesellschaft daran messen, wie sie mit den Kindern und Alten umgeht und da hat, sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite, die Pandemie-Politik versagt. Bei den Alten am Anfang, bei den Kindern ist es immer noch so. Die Kinder und Jugendlichen ist für mich die am stärksten von den pandemischen Maßnahmen betroffene Gruppe, weil es nirgendwo anders, in keiner Altersgruppe ein so großes Missverhältnis gab zwischen persönlichem Nutzen und den Folgen der Maßnahmen.
Univ.-Prof. Dr. MANUEL SCHABUS
Psychologe und Psychotherapeut
Unsere “Jetzt Sprichst Umfrage“ zeigt ja, wie erschreckend belastet die Kinder und Jugendlichen sind, wie verängstigt, wie perspektivenlos, und natürlich wirkt sich das a la long auch auf die körperliche Gesundheit aus. Psychosomatische Auffälligkeiten sind ja schon jetzt eindeutig gehäuft dokumentiert, wie auch alarmierende Anstiege an überlaufenen Kinderpsychiatrien und erhöhter Suizidalität.
Was ich dieser Generation wünsche ist, dass sie möglichst rasch zu einem unbeschwerten Leben zurückfinden und nicht dauerhaft verinnerlichen, dass die Welt und das soziale Gegenüber einfach eine Gefahr und Bedrohung darstellen… und man besser alleine und einsam zurecht kommt und sich abschottet. So sehen Wege zur psychischen und gesamtheitlichen Gesundheit sicher nicht aus!
Dr.med. CAMILLA WIESENTHAL
Gynäkologin
Es kommen viele Frauen, die sagen, also sie haben keine Lust. Das gibt es natürlich auch – jeder ist in einer anderen Lebensphase – hat unterschiedliche Gründe – aber dass eine junge Frau, die eigentlich eine gute Verhütung hat, keine Lust hat, ist nicht das Allerhäufigste.
GÜNTHER HENNIG
Trainer für Demokratiepädagogik und Schulentwicklung
"Der andere könnte recht haben" – ein Grundprinzip von Demokratie.
Univ.-Prof. Dr. med. INGRID MÜHLHAUSER
Netzwerk Evidenzbasierte Medizin
Ingrid Mühlhauser, ehemalige Vorsitzende des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin, sieht eine weitreichende Missachtung wissenschaftlicher Standards während der Pandemie. Die Gesundheitswissenschaftlerin beklagt zudem die irreführende Risikokommunikation. Politiker und Medien haben Angst geschürt, anstatt wissenschaftsgerecht zu informieren. Eine Folge davon ist die massive Überschätzung des Risikos für Kinder durch eine Coronainfektion schwer zu erkranken. Die unerwünschten Auswirkungen der alarmierenden Berichterstattung auf die Gesundheit der Kinder wurden hingegen nicht untersucht.
Prof. Dr.rer.nat. GERD ANTES
ehemaliger Co-Direktor Cochrane Deutschland
Wir haben dann immer wieder die gleichen honorigen Wissenschaftler, die uns die Welt erklären und teilweise Dinge liefern, die einer wirklich intensiven Prüfung nie standhalten würden.
Assoc.Prof.Priv.Doz.Dr. KATRIN SKALA
FÄ für Kinder- und Jugendpsychiatrie
Den Kindern wurde und wird, explizit und implizit, suggeriert und mitgeteilt, dass sie eine ganz große Rolle in dieser Pandemie haben, dass sie ganz gefährlich, dass sie ganz gefährdet sind; so als wären die Kinder, und das wissen wir jetzt wirklich, dass es nicht so ist, das Epizentrum der Pandemie. Und das ist etwas, das zur sogenannten Parentifizierung führt, das heißt zu einem eigentlich pathologischen Prozess, wo Kinder die Aufgaben von Erwachsenen übernehmen.
Prof. Dr. med. ARNE SIMON
Pädiatrischer Infektiologe und Kinderonkologe, Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie (DGPI)
Ich bin tatsächlich der Auffassung, dass die Maßnahmen, die wir zurzeit unternehmen, um in Schulen und Kitas die Ausbreitung dieses Erregers weiter einzudämmen die Kinder unnötig belasten, und dass diese Maßnahmen überhaupt keinen Einfluss haben auf den tatsächlichen Verlauf der Pandemie.
Dr. MANUELA MACEDONIA
Neurowissenschaftlerin, Universität Linz
Was macht ein Kind glücklich? Sicher nicht, wenn man gegen die Evolution geht, weil wir sind so gebaut, dass wir Freude aneinander empfinden. Warum sind so viele Rituale in unserer Gesellschaft entstanden, angefangen von Geburtstagsfeiern, Weihnachten, Kekse backen... weil Rituale die Ausschüttung von Oxytozin bewirken. Oxytozin ist ein Bindungshormon, d.h. wenn Menschen zusammenkommen und feiern, dann binden sie sich und das Bindungshormon ist ein Gegenmittel zum Stresshormon Cortisol.
FELIX GOTTWALD
Olympiasportler & Unternehmer
Was wünschen wir uns von dieser Welt? In welcher Welt wollen wir eigentlich leben? Was ist nach dieser Pandemie, um was geht es uns eigentlich? Schützen wir dann wieder das Klima? Reduzieren wir dann wieder den Plastikmüll, den wir tagtäglich produzieren? Ich glaube, wir müssen uns vor allem um das Klima in uns selbst kümmern.
Dr. med. JÜRGEN CASPAR STREULI
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin
Das Schöne wäre auch hier, wieder mit den Kindern zu erarbeiten, wie vielfältig die Welt auch sein darf, ohne dass man sich gemeinsam die Köpfe blutig schlagen muss. Aber das sind wir Erwachsene, die das im Moment als Vorbilder zeigen müssen, wie wir es schaffen in dieser Spaltung gemeinsam wieder aufeinander zuzugehen, und das wäre vielleicht auch das Wichtigste, das wir den Kindern mitgeben können, dass wir Erwachsene miteinander sprechen können und eben nicht einfach aufgrund unserer eigenen Theorien darauf beharren, dass wir Recht haben.
Univ.Prof.Dr. David Martin
Fakultät für Gesundheit (Department für Humanmedizin)
Eine Sache, die mich schwer beschäftigt ist den Trend zum Denkverbot, den wir sehen und diesen Trend kann man erzeugen indem man das Wort Verschwörungstheorie in den Mund nimmt.
Prof.Dr. SABINE VÖLKL- KERNSTOCK
Forensik- und Traumadiagnostik
Wir haben eine große Bandbreite von Gewalt. Von strafrechtlich relevanter Gewalt bis hin zu Gewaltformen, die unbedingt auch mit den Eltern besprochen gehören, so dass sie nicht weiter passieren dürfen an Kindern, weil jede Gewalt hinterlässt eine Narbe.
Dr.med. OSWALD HASSELMANN
Facharzt für Neuropädiatrie
Umso früher die digitale Welt gedankenbildend wird, erlebnisbildend wird, desto mehr fehlt den Kindern die verinnerlichte Erfahrung des Berührens, des Schmeckens, des Riechens, des Hörens - alle die emotionalen Qualitäten, die das Leben ausmachen, sind in der digitalen Welt nicht gegeben, das heißt die Kinder vereinsamen auf der digitalen Ebene und sie sind in Gefahr größerer Manipulation ausgesetzt zu werden, weil sie die eigene Kontrolle über ihren eigenen Erfahrungsschatz nicht haben aufbauen können.
Dr. AGNES IMHOF
Publizistin und Islamwissenschaftlerin
Die moralische Abwertung des politischen Gegners gehört zum Instrumentarium von Unterdrückungsregimes und hat in Demokratien nichts verloren. Wo immer die Unterwerfung unter ein abstraktes Kollektiv gefordert wird, ist die Menschenwürde in Gefahr. Denn neues Leid zu schaffen, lindert nicht das bestehende. Das Leben zu verbieten, schützt nicht vor dem Tod. Wer das fordert, beweist nur eins: eine verstörende Geringschätzung der Menschlichkeit.
Dr.med Ellis Huber
Arzt und Gesundheitspolitiker
Die Kinder brauchen ja vor dem Corona-Virus gar keine Angst zu haben. In den 20 Monaten konkreter Erfahrung der Corona-Pandemie sind 16 Kinder zwischen 0 und 9 Jahren zu Tode gekommen, und 14 Kinder zwischen 10 und 19 Jahren, also 30 Kinder. Im gleichen Zeitraum haben wir über 500 Kinder durch Selbstmord verloren, im gleichen Zeitraum haben wir über 250 Kinder durch Mord und Totschlag verloren und wir haben an die 70 Kinder durch Verkehrsunfälle getötet bekommen, und genau so viele wie durch das Corona-Virus verstorben sind, sind Kinder in Badeseen und Schwimmbädern umgekommen.
Dr.med. GÜNTHER LOEWIT
Arzt und Schriftsteller
Leider kann man aus der Geschichte nur lernen, dass man aus der Geschichte nichts lernen kann. Oder doch?